Freitag, 31. Oktober 2008

Who we are and what we demand / Anything Leon does, I can do better

Who we are and what we demand:

denkst du bist geil weil du unbekannte bands
hörst?
"was ich nicht mag: den NME"
pseudoalternative hässlichkeit“


Was will uns dieser Eintrag, der eines Tages auf der „Schülervz“-Pinnwand einer Freundin auftauchte, sagen?

Dass viele Menschen in unserem Alter, wir eingeschlossen, ihren Musikgeschmack wie Schmuck mit sich herumtragen um Eindruck zu schinden?

Meiner Meinung ist die Frage nicht neu und ich selbst habe schon oft gedacht, dass dies bei so manch einem wirklich der Fall ist, auch wenn es sich meistens um die 14 jährigen an meiner Schule handelte, die mit einem „Mando Diao“ - Shirt beeindrucken wollen.

Hmm, vielleicht ein gar nicht so schlechtes Beispiel.

Angenommen, ein Klassenkamerad macht nun den Shirt–Träger an, er solle nicht mit seinen „unbekannten Bands“ prahlen: Käme uns das nicht irgendwie affig vor?!

Warum sollte man jemanden anmachen, nur weil man seine Lieblingsbands nicht kennt? Natürlich scheint die Argumentation logisch, wenn eine Band „unbekannt“ ist, kann sie nicht besonders gut sein, also kann sie es nicht wert sein, als Lieblingsband aufgezählt zu werden. Doch wer so argumentiert, noch dazu auf der subtil-beleidigenden Ebene des anonymen Verfassers des Eintrags, der übrigens mehrmals auf die Unattraktivität der Freundin zu sprechen kam, hat meiner Meinung nach den Sinn der Musik verfehlt und ist es nicht mal wert, The Prodigy zu hören, auch wenn sie kacke sind.

Ich bin der festen Überzeugung, dass Musik für uns eine größere Bedeutung hat, als bloßer Zeitvertreib oder der Soundtrack zum Alltag. Für uns (ich spreche damit für all die Leute, die der Verfasser in die „mit unbekannten Bands angeben“-Schublade steckt) ist Musik hören eine Leidenschaft, die man nicht weiter erklären kann und einfach nur aus Rechtfertigung auch nicht muss.

Teil dieser Leidenschaft ist es einfach, sich auch theoretisch weiterzubilden, wie gesagt, aus Leidenschaft und nicht aus Pflichtgefühl. Dazu gehört dann zum Beispiel, dass man sich die ersten Demos des 13-jährigen Conor Oberst anhört oder versucht, im Abschlusschor von „Stayin alive“ auf „Ugly Organ“ von Cursive seine Stimme herauszuhören, weil man gelesen hat, dass er dort mitsingt. Oder das man andere Bands von Johnny Whitney checkt, weil man wissen will, was er noch so drauf hat. Und natürlich kommt man da schon mal in „unbekannte“ Gefilde. Ein Briefmarkensammler darf doch auch nicht immer nur die blaue Mauritius suchen.

Und warum sollte es ausgeschlossen sein, dass man auf der Suche nach mehr auch Perlen findet und sie dermaßen ins Herz schließt, dass man sie zu seinen Lieblingsbands zählt?! Bei mir z.B. so geschehen mit Rocky Votolato, von dem ich irgendwann mal im Zusammenhang mit seinem Bruder Cody (Gitarrist der Blood brothers) las. Wer weiss, vielleicht wäre ich sonst nie auf ihn gestossen.

Ich sehe nicht ein, mich aufgrund solch schwacher Argumente in dem was ich höre einschränken zu lassen. Solche Leute wollen nicht, dass man unbekannte Sachen hört, sind aber auch prinzipiell gegen alles, was der Mainstream zu bieten hat, was natürlich auch nicht richtig ist. Genau so kotzen mich Leute an, die bestimmte Genres generell ausschliessen.

Ich höre, ohne Vorurteile vom Genre, was mir Spass macht, was mich zum nachdenken bringt, ein „Wow!“- oder „Das ist es!“ Gefühl weckt oder der Beat meine Beine zum tanzen bringt. Und ich finde es gerade spannend, wenn mir bekannte Künstler auf anderen Gebieten herumexperimentiern, wie zum Beispiel Darren Hayman, der nach seiner genialen Brit-pop-Band Hefner mit The french den Weg der elektronischen Kinderpop-Musik einschlug. Oder Bob Dylan, der sogar die Schwarzen mit seinem Soul („Ballad of a thin man“) begeistern konnte, unter Weißen Folkies mit Rock Aufsehen erregte oder mit dem „Subterranean homesick blues“ den wohl ersten Rap auf Band brachte. Vom großen Genre-Chaos auf „The shape of punk to come“ brauche ich hier gar nicht anzufangen.

Langsam habe ich auch keine Lust mehr, ernsthaft auf solche blöden Kommentare zu antworten, immer dieselben Antworten auf dieselben Fragen. Aber irgendwie gehört das doch auch zur Musik dazu…Dass es immer Leute geben wird, die Musik nicht einfach als freie, wilde Kunstform ansehen können, sondern für alles Gesetze und Regeln brauchen. Wenn das so ist, so fordern wir eine genaue Regelung, was wir hören dürfen, was nicht und wer „unbekannte“ Bands hören darf.

Wenn man sich nicht auf eine Regelung einigen kann, so bleibt die Musik wohl vogelfrei. Jeder darf hören was er will, jeder darf spielen was er will und Musik kann klingen, wie sie will. Dann ist es wieder so wie ganz am Anfang. Als Höhlenmenschen mit Knochen auf Steine hauten und die ersten Massen mit ihren Beats zum schwitzen brachten.
(Johannes)

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